Jan Gabarek & Hillard Ensemble

Jan Gabarek & Hillard Ensemble – Mittelalter verliert gegen die fünfte Stimme – gegen ein erstklassiges Saxofon – und zwar in Köln :-) und zwar am Fr 18.11.2005 gegen 20:30 Uhr
St. Agnes Kölnversetzen Sie sich ins Mittelalter, irgendwo sitzen sie (ja, sie haben Glück – Sie müssen nicht knien!) in der mittelalterlich scheinenden, neugotischen St. Agnes-Kirche. Da sitzen Sie jetzt und zwar irgendwo in einem Jahr in der Zeit von 500 bzw. 600 n. Chr. bis 1500 n. Chr. auf der harten Bank. Die Bank ist hart, trotz der Sitzkissen.

Die Kirche ist duster bis auf blutig rote Lichtfetzen, die vor Ihnen leise im Chor der Kirche im Wind schaukeln.

Jetzt beginnt ein leises, jedoch intensives Singen, das Officium vielleicht. Sie hören gespenstisch, oben von der Empore, hinter sich einen leisen Gesang, immer mehr Sänger von verschiedenen Plätzen, nun ebenerdig, leise gregorianische Psalmen anstimmen.

Die Stimmen bewegen sich hinter Ihrem Rücken, leise, verstohlenes Wenden vieler Köpfe eingeschlossen. Nun sind die Stimmen gleichauf, einer sieht aus wie ein neuzeitlich getarnter Mönch. Leichtes Frieren, kündigt sich an. Sie haben vergessen, dass der Sommer vorbei ist und sie besser einen wärmenden Mantel mit ins Mittelalter genommen hätten, wenn Sie gewusst hätten, dass sie im Mittelalter landen. Ein unglaubliches Erlebniss, dem sich sicher mancher nicht entziehen konnte, noch wollte. Die Herren des Hillard-Ensembles treffen sich nun im Chor und sie, der sie da sitzen, finden sich wieder halbwegs in der Neuzeit. Nicht dass das so geblieben wäre, diese Überraschungen gab es immer wieder und in immer neuer Form.

Ohne dass sie es erwartet hätten, kommt ein ganz intensiv klagender Saxofon-Ton zum Ensemble dazu und beginnt dieses mit Kadenzen und musikalischen Wasserfällen immer wieder zu übertönen und überflügeln und mit einem super kleinen Saxofon – welches immer wieder zusätzlich neben dem Alt-Saxofon zum Einsatz kam – mit ganz erheblicher Lautstärke. Das hatte ich diesem Teil nicht zugetraut.

Jan Gabarek begrüsst sie! Erhebend, wie er als fünfte und doch erste Stimme sich in Ihr Ohr hineinschmeichelt. Solch intensive Saxofon-Töne, ein irrsinniges Spiel zwischen laut und leise, klagend und von Schmerz gepackt, haben mein Ohr noch niemals erreicht. Für mich hat sich eine neue Dimension eröffnet. Mein Sturz war entsprechend tief, auch wegen der ausschliesslich in wehklagendem Moll präsentierten “Gesangsstücke”. Die norwegischen Fjorde, denen Jan Gabarek später in seinem Leben ausgesetzt war, haben diese Art des Musizierens sicher nicht unwesentlich beeinflusst.

Keine Frage, dass die Truppe fünf Zugaben geben musste. Keine Frage, dass mich das Ganze sehr tief bewegt hat. Keine Frage, dass ich nur mit Hilfe einiger Mengen Kölsch-Schuss in der alten Feuerwache und intensivem Sprechen über die erlebte Vorstellung beginnen konnte, mich aus dem harten Zauber, den mir Jan Gabarek und das Hillard Ensemble verpasst haben, wieder unbeschadet lösen konnte. Tut mir leid, dass ich nur so wieder aus dem Loch raus kam.

Aufgepast, Jan Gabarek ist 1947 geboren und frisch drauf!

Vielen Dank an A. für das schöne Erlebnis und die vielen Kölsch.

Unverbesserlich, wie ich bin, hier zu den Ergebnissen der Recherchen:

Mittelalter bei Wikipedia
Jan Garbarek bei Wikipedia
Gregorianik bei Wikipedia
Hillard Ensemble bei Wikipedia
und deren offizielle Website

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